In diesem Teil werde ich Dir helfen, Dich und Deine Fotos ein Level weiter zu bringen. Auch dieses Mal benötigst Du dafür keine teuren Objektive, Kameras oder sonstiges Zubehör.

Alles was Du brauchst ist etwas Aufmerksamkeit für den folgenden Artikel und etwas Fleiß bei dessen Umsetzung.

Als Ergebnis bekommst Du nicht nur ein schönes Bild, sondern sämtliche Deiner zukünftigen Bilder werden davon profitieren. Nämlich vom nächsten wichtigen Gestaltungsmittel: der Linie.

Im Gegensatz zum Punkt bringt die Linie nun Bewegung ins Spiel.

Sie ist als eine Aneinanderreihung von Punkten eine selbstständige Bewegungsform.

Damit ermöglicht sie es,

  • eine Richtung einzubringen,
  • den Blick des Betrachters zu führen,
  • Bildinhalte zu verbinden,
  • Bildinhalte zu teilen oder
  • Umrisse darzustellen.

So, wie Punkte auch im Zusammenspiel wirken können, gilt dies auch für die Linie. Mehrere Linien können Flächen bilden und damit formbildendes Gestaltungselement sein.

Die Linie birgt also ein enormes Potential. Doch wozu brauchst Du das für Deine Fotos?

Hat wirklich jeder Fotograf diese Vielfalt bei jedem Foto verinnerlicht?

Naja, ich würde sagen ja und nein. Denn genau wie beim Punkt, werden mit Linien Bildwirkungen erzielt, die entscheidend für das Verstärken Deiner Bildaussage sein können.

Im Klartext heißt das, dass Du Deine Bildaussage mit Linien nicht verstärken musst, wenn Du es z.B. mit anderen Mitteln schon getan hast oder auch gar nicht möchtest. Wenn aber das Motiv eine Linienführung anbietet und Du den gezielten Einsatz siehst, dann wird es Deine Fotos enorm bereichern.

Spielt der Einsatz der Gestaltungselemente auch eine Rolle, wenn der Betrachter meine Mühe nicht sieht und nicht versteht?

Ich denke ja, denn wie auch beim Punkt, kann man sich die unterschiedliche Bildwirkung zwar wie im folgenden Teil ansehen und verstehen… Auswendig lernen, ergibt jedoch keinen Sinn. Durch die Übung und dessen Einsatz wirst Du auch für die Linie ein Gefühl entwickeln. Dieses unterbewusste Gefühl der Bildwirkung wird auch Deinen Betrachter erreichen, ohne dass er vielleicht dessen Ursachen oder Deine gezielt gestalterischen Bemühungen kennt.

Linienarten

An dieser Stelle möchte ich ein paar Ideen und Beispiele zu den gestalterischen Wirkungen geben, die mit Linien erzielt werden können. Linien können sehr offensichtlich im Motiv zu sehen sein.

Sie können aber auch indirekt durch Beziehungen einzelner Bildelemente zueinander entstehen. Das passiert z. B. sehr prominent bei der Blickrichtung von abgebildeten Personen. Hier ist es durchaus entscheidend, wo eine Person im Bild hinschaut. Diesen Blick kann man durch eine gedachte Linie visualisieren und in die Bildgestaltung einbeziehen.

Man kann sich solche versteckten Linien wie eine Art Metapher in Gedichten vorstellen und damit bestimmte Gefühle beim Betrachter hervorrufen.

Wie auch beim Punkt möchte ich damit jedoch lediglich Anreize zu eigenen Übungen schaffen. Ich möchte absichtlich durch die deskriptive Darstellung Deine Phantasie anregen. Denn mir kommt es darauf an, dass Du die Wirkungen für Dich erfährst und das nötige Gespür bekommst.

Linienart: Gerade Linie

Eine gerade Linienführung kann mit ihrer Richtung eine Bildaussage unterstreichen Eine horizontale Linie bringt eher Ruhe in das Bild. Das begegnet uns z.B. bei einer klassischen Sonnenuntergangsstimmung am Meer, bei der der Horizont die beherrschende Linienführung des Bildes darstellt.

Vertikale Linien können je nach Kontext stürzend bzw. emporhebend sein. Man stelle sich hierzu z. B. Hochhausfronten vor, die man angeschnitten, dominant und gerade fotografiert.

Eine ganz typische Linienführung, die uns auch oft in Filmen begegnet, sind die steigenden und fallenden Diagonalen. Je nach Richtung der Diagonalen (in der typischen Leserichtung von Links nach Rechts) wirken diese optimistisch oder depressiv/pessimistisch. Das wird sehr oft als Stilmittel in der Filmdramaturgie verwendet. Wenn sich im Film also eine Katastrophe anbahnt, so sind häufig fallende Diagonalen in den Bildern zu finden. Geht es umgedreht um freudige und euphorische Inhalte, wird dies oft von Bildern mit steigenden Diagonalen begleitet.

Linienart: Geknickte/ Gebrochene Linie

Eine geknickte Linienführung unterstützt eine aufstrebende Bildaussage Natürlich gibt es auch nicht nur gerade Linienverläufe, die man sich zu Nutze machen kann.

So kann eine geknickte Linie in Form eines nach oben gerichteten Pfeils oder Daches (/\) eine aufstrebende, nach oben gerichtete Bildaussage unterstützen.

Wohingegen der umgedrehte Fall (\/) eine abfallende, nach unten drängende Handlung bzw. Bildaussage begleiten kann.

Linienart: Gebogene Linie

Bei einer waagerechten Linie vermittelt ein Bogen nach oben Stabilität und ein Bogen nach unten wirk eher labil.

Fotografieren wir eine Brücke als Meisterwerk der Baukunst, die nach oben gewölbt ist, so wirkt sie auf uns stabil und unzerstörbar. Haben wir nun im Gegenzug eine Hängebrücke als Bildelement, so erscheint uns diese unterbewußt, allein durch ihre nach unten gewölbte Form, eher als labil und zerbrechlich.

Die Form bestätigt zwar in diesem Fall die tatsächlichen Eigenschaften des Objektes Brücke. Doch dies kann gezielt auch in anderen Konstellationen Anwendung finden und sich in mehreren Ebenen wiederfinden.

Betrachte die gezielte Gestaltung als kreatives Spiel. Denke z. B. an ein Brautpaar, dass Du natürlich bewusst unter einem Hochzeitsbogen aus Blumen fotografierst, um auch visuell die Stabilität ihrer Beziehung zu verstärken.

Die gestalterische Wirkung

Mir persönlich fiel es anfänglich leichter, das Ganze pragmatisch aus einem Blickwinkel der Statik zu betrachten. Es ist durchaus intuitiv „hängende“ Formen als labil und „stehende“ als stabil zu betrachten. Du musst es Dir nur bewusst verinnerlichen und aktiv danach in Deinen Motiven suchen bzw. aktiv damit gestalten.

Experimente mit den verschiedenen Linienarten und Vergleichen der Ergebnisse hat mir anfänglich sehr geholfen.

Zusammenfassung

Man kann sagen, dass waagerechte Linien meistens Ruhe und Passivität vermitteln. Sie bieten sich eher bei sachlichen Themen an. Fotografierst Du einen Sachbearbeiter hinter dem Schreibtisch, kannst Du also die gerade Tischlinie mit ins Bild nehmen.

Senkrechte Linien sind aktiv, wirken aufstrebend und monumental. Sie findet man z. B. bei Häusern, Bäumen oder Säulen.

Diagonale Linien vermitteln Flucht, Bewegung und Geschwindigkeit. Sie bieten auch eine hervorragende Möglichkeit eine räumliche Komponente in das ansonsten zweidimensionale Bild einzubringen. Bei einem Auto auf der Rennstrecke können bzw. sollten diagonale Linienverläufe der Rennstrecke genau diesen Zweck erfüllen.

Auch gebogene und geknickte Linien vermitteln eine Form von Bewegung und Dynamik und verstärken die Bildaussage in Abhängigkeit ihrer Bewegungsrichtung. Geknickte Linien wirken eher unnachgiebig, wohingegen gebogene Linien elastischer und weicher wirken.

3. Übung

Nun geht es wieder an die Praxis, denn Übung macht den Meister… Schnapp Dir Dein Handy und versuche die kommende Woche gezielt Motive mit auffälliger Linienführung zu finden oder aktiv zu gestalten.

Experimentiere mit den Wirkungen und versuche ein Gefühl dafür zu bekommen. Hebe Dir Deine Ergebnisse wieder auf, poste Sie unter dem Hashtag #lichtistenLinie und erfreue Dich daran, Deine Fotos immer ein Stück mehr bewusst zu gestalten.

Willst Du nochmal hier zum Beginn meiner Gestaltungs-Serie?


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Kommentare

Danke für die nützlichen Informationen. Sehr guter Artikel :) Besuchen Sie auch meinen Blog http://fixthephoto.com/blog/
geschrieben am Wed, 12 Sep 2018 21:21:08 von samsmith1337

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